Warum ich mich Jahrzehnte zu dick gefühlt habe für eine warme Jacke
Ich habe tatsächlich so einige Winter damit verbracht, zu frieren. Als junges Mädchen habe ich nie Winterjacken oder Mäntel getragen. Jetzt ist es natürlich nicht mehr so. Trotzdem habe ich bis zum letzten Jahr Jacken und Mäntel vermieden zu tragen, die nicht so vorteilhaft für meine Figur waren. Warum ich das vorteilhaft so schwierig finde, erkläre ich Euch noch im weiteren Verlauf des Artikels.
Meine Zeit als junges Mädchen im Winter
Meist habe ich wie eine Zwiebel mehrere Schichten übereinander getragen.
Ich war die Königen im Look mit mehreren Schichten. Es war die Zeit der Thermostrumpfhosen, der warmen Skiunterwäsche; über diese Schichten trug ich dann eine Jacke, die einfach nicht warm genug war. Hauptsache war vielmehr, dass sie meine Vorteile betont hat. Jede Jacke oder jeder Mantel gab mir das Gefühl, zu massig zu sein. Ich verbrachte Stunden damit, eine Jacke zu finden, die mir meine Taille nicht nahm und mich in meinen Augen nicht entstellte.
Ich bin heute noch traurig, wenn ich an diese Zeit denke.
Ich bin groß geworden in einer Zeit, in der der „Heroin Chic“ gefeiert wurde, in der Kurven noch nicht so wie heute für gut befunden wurden.
Ich war zu jung für die Zeit, in der Claudia Schiffer und Cindy Crawford ihre Kurven zeigten und noch nicht alt genug für den heutigen „Curvy Trend“. In meiner Zeit war die einzige Frau in den Medien Hella von Sinnen, die nicht Kleidergröße 38 getragen hat. Dementsprechend hatte ich nicht viele Vorbilder. In den Zeitschriften, die ich früher las, stand oft in den Styling-Ratgebern, wie wir schlanker, dünner, vorteilhafter wirken können.
Ich habe mich oft gefragt, warum ich damals so viele Mode- und Frauenzeitschriften verschlungen habe?
Ich hatte wirklich gute Absichten, ich war so neugierig. Ich wollte mehr über Mode, Schnitte, Körperformen, Trends etc. lernen. Ich fand es interessant, Modestrecken anzuschauen, das Gesamtkunstwerk aus Mode, Licht, Fotografie und Make-Up. Ich glaube, dass ich da schon eine Ahnung davon hatte, wie viel Mühe nötig ist, dass perfekte Bilder entstehen. Ich wusste natürlich nicht, dass alle Bilder in den Zeitschriften nicht wirklich echt sind, sondern bearbeitet, perfekt inszeniert, perfekt beleuchtet und dass einfach alles getan wird, dass es ein perfektes Bild ergibt.
Was ich damals gar nicht verstanden habe, waren die verstecken Botschaften, dass wir uns gern so anziehen sollen, dass wir damit Männer verführen oder ihnen einfach gefallen sollen.
Meine Freundinnen waren immer alle schlank und natürlich sah eine warme kuschelige Winterjacke bei denen völlig anders aus als bei mir. Dass Tragische daran ist tatsächlich, dass ich damals die Kleidergröße 42 hatte. Wenn ich heute daran denke, mit welchen Gedanken ich mich als kleines Mädchen beschäftigt habe, finde ich das so traurig.
Warum erzähle ich Euch diese Geschichte von mir? Warum spreche ich über so etwas, obwohl es sicherlich wichtigere Themen gibt?
Das ist ganz einfach, ich höre so oft Sätze in meinem Umfeld, von Freundinnen, Kollegen und Frauen mit denen ich arbeite: “Das ist nicht vorteilhaft an mir“.
Wenn Ihr ein Kleidungsstück total schön findet, dann kauft es mutig, obwohl es angeblich so unvorteilhaft sein soll. Es dann zu tragen, bedeutet, sich richtig zu überwinden.
Warum steht die Winterjacke als letzte Bastion auch für mich im Kampf gegen das Dogma, es sei nicht vorteilhaft. Das ist relativ einfach. Es ist sehr schwer Jacken und Mäntel zu finden, die gut sitzen und eine Figur wirklich so zeigen, wie wir uns das wünschen. Sie soll ja auch wärmen und natürlich gibt es Jacken, die wärmen und gut aussehen. Heute kenne ich so viele Marken und meinen Körper besser.
Mit jedem Jahr, mit dem wir älter werden, verstehen wir vieles besser. Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass jeder so sehr mit sich beschäftigt ist, dass keiner sagen wird, wie sieht das denn aus? Im Fokus sollte doch die Gesundheit stehen und dass wir glücklich sind.
Zurück zu den Frauenzeitschriften; es ist eine Quadratur des Kreises, wir wollen mehr über Mode und Trends wissen und über Themen, die uns tangieren. Es ist die Aufgabe der Redakteure, uns das zu geben und das schön inszeniert präsentieren.Wenn wir allerdings genauer hinschauen, fällt mir Folgendes auf und das ist sehr hart, dass weiß ich.
Die Verlage, die hinter den Zeitschriften stehen, verdienten bisher sehr viel Geld damit, unsere Unsicherheiten zu schüren. Sie vermittelten uns, gerade Frauen mit einer Kleidergröße ab 42, wie wir schlanker, vorteilhafter, sinnlicher, attraktiver wirken können, wenn wir uns und unsere Körper kaschieren. Wir sollen vor allem anderen gefallen, der Gesellschaft, den Männern.
Wie selten sind Farben, Trends oder wirklich Modethemen für Plus-Size-Strecken im Fokus.
Natürlich gibt es Ausnahmen und die feiere ich sehr.
Junge Frauen, besonders und allgemein Frauen stehen stark unter dem Einfluss von Zeitschriften.
Ich kann heute ganz klar sagen, dass unsere Medien, die Zeitschriften mich damals mit dazu veranlasst haben, keine Jacke zu tragen. Von Zuhause habe ich solchen Unsinn nie zu hören bekommen. Ich habe nie gehört: “Die Jacke macht dich dick, das ist unvorteilhaft oder das sieht nicht gut aus“.
Gott sei Dank, sonst wäre ich heute nicht die, die ich bin.
Aber überlegt mal, wie schwer es ist, wenn Ihr groß werdet und es von allen Seiten zu spüren bekommt, dass es nur darum geht, vorteilhaft auszusehen. .
Mich schockiert auch wahnsinnig der Trend, dass wir alle sexy aussehen sollen.
Wie lange ist es her, dass unsere Mütter für die Gleichberechtigung gekämpft haben???
Junge Frauen wachsen in meinen Augen mit völlig falschen Werten auf.
Dafür liebe ich Instagram und freue mich so sehr, dass junge Mädchen und Frauen heute, den Zusatz „Plus-Size“ und „Curvy“ eingeben können und wir so viele tolle Frauen mit unterschiedlichen Körpern sehen können.
Diese Bilder sind wie ein Befreiungsschlag für mich gewesen. Ich trage eine Jacke, die mir optisch meine Taille nimmt. Ich mochte den Puffer-Jacken-Trend sehr. Ich wollte immer Mode-Trends mitmachen können, egal welchen Körper ich habe. Ich liebe es, mit Mode zu spielen. Natürlich ist es völlig okay, seine Figur mit Mode noch mehr herauszuarbeiten.
Wer mich kennt, weiß, dass ich das oft mache, meine Vorzüge zu betonen.
Es ist auch leichter so durch die Welt zu gehen.
Wir Menschen mögen Harmonie, wir lieben Schönheit und wir mögen es, das aktuelle Schönheitsideal zu betrachten. Wir fühlen uns vom sogenannten goldenen Schnitt sehr angezogen. Trotzdem sollten wir uns davon nicht geisseln lassen und das tragen, worauf wir Lust haben.
Ich liebe es, an Tagen, an denen ich mich gut fühle, etwas zu tragen, das mir vermeintlich nicht steht. Das fühlt sich dann so gut an und ich fühle mich frei dabei. Diesen Winter habe ich mir 2 richtig warme Jacken gekauft. Sehe ich darin schlank aus? Nein, aber das türkis ist so schön; ich liebe diese Farbe im tristen Berliner Winter.Es betont meine eigene Augenfarbe und ich friere nicht mehr.
Meine Tipps, mehr das zu tragen was Euch gefällt.
Ich möchte Euch so gerne Mut machen, Euch nicht von solchen Gedanken leiten zu lassen. Schaut Euch genau an, was Ihr denkt. Wann kommt Euch in den Kopf: „Das steht mir nicht, das macht mich unförmig“.
All diese negativen Gedanken kommen von irgendwo her.
Bei mir sind es meine alten Zeitschriften, die ich mir ab 14 gekauft habe und die ich verschlungen habe. Daraus wurden viele Glaubenssätze, die ich erst Jahre später aufdröseln konnte. Ich habe es geschafft, mich von all dem zu befreien. Nur bezüglich der Winterjacke hat es bis letztes Jahr gedauert.
Klar hatte ich in den letzten Jahren warme Jacken und Mäntel, aber sie waren immer vorteilhaft für meine Figur. Ich freue mich, dass mich jetzt am Morgen mehr interessiert, was gut zu meinem gesamten Outfit passt, als der Griff zur Jacke, die meine Vorzüge hervorhebt.
Mich würden Eure Erfahrungen zu dem Thema sehr interessieren, auch ob ich öfter über solche Themen schreiben soll.
Eure Caterina
Ich lade Euch herzlich einen meinen eigenen Podcast “Megabambi: Klartext” zu hören.
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